FBU-Haushaltsrede 2023

Stellungnahme der FBU-Fraktion
zum Erlass der Haushaltssatzungen der Stadt Bobingen, der Josef-Dilger-Stiftung sowie des Wirtschaftsplans der Stadtwerke Bobingen für das Jahr 2023

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
sehr geehrte Damen und Herren, hier im Saal!

„Schieben und Streichen!“ – waren die häufigsten und wichtigsten Worte bei der Erstellung des diesjährigen Haushaltsplans.

Das Ziel:

Lösungen für die kurze Zeitphase bis zum Ende des Jahres 2023 zu finden, welche die Hoffnung auf ein „irgendwie müssen wir ja durchkommen“ nähren.

Das Ergebnis:

Eine Rekordverschuldung im Kernhaushalt, die von gut 12 Mio € um zusätzlich knapp 12 Mio € auf dann über 24 Mio € innerhalb eines Jahres anwachsen und damit um knapp 94 % steigen wird. Sie ist damit fast genau doppelt so hoch, wie noch im abgelaufenen Jahr.

Im Verwaltungshaushalt klafft eine Lücke von knapp 1 Mio €.

Wir nehmen deutlich mehr Kredite auf als wie tilgen.

Die ursprünglich durchaus optimistisch prognostizierte Entwicklung der Freien Spitze wird sich, nach Abzug der zusätzlich entstehenden Schuldendienste in den kommenden Jahren, weiterhin auf niedrigstem Niveau einpendeln. Das bedeutet, dass Investitionen aus eigener Kraft nahezu unmöglich sind.

Rechnen wir die Schulden unserer Stadtwerke hinzu, so kommen wir auf eine Gesamtverschuldung von über 45 Mio €.

Darüber hinaus haftet die Stadt Bobingen auch noch für Ausfallbürgschaften Dritter, die einer Kreditaufnahme gleichkommen, von nocheinmal rund 10 Mio €.

Und dies, obwohl nirgends unterlassen wurde, liebgewordene, wünschenswerte und auch für die Entwicklung und das Leben in unserer Stadt wichtige Maßnahmen zu schieben und zu streichen.

Die Konsequenz:

  • kein Geld für Maßnahmen zur Teilumsetzung des Verkehrs- und Nahmobilitätskonzepts
  • kein Geld für einen Neubau Hallenbad oder Skateranlage
  • kein Geld für Sanierungen der Wohnanlage an der Krumbacher Straße, der Alten Mädchenschule, den alten Schulhäusern in  Straßberg oder Waldberg, oder dem Neubau an der Hermann-Hesse-Straße
  • kein Geld für städtebauliche Planungen wie:
    • der vitalen Achse in der Siedlung
    • oder Akzentsetzungen und Ersatzschaffung von Stellplätzen am Südlichen Rathausplatz rund ums neu entstehende Ärztehaus
  • kein Geld für Neuansiedlungen von Gewerbebetrieben
  • kein Geld für evtl. notwendige Erweiterungen an den Schulen
  • kein Geld für kritische Infrastrukturmaßnahmen wie einem Neubau der Feuerwehrhäuser in Reinhartshausen und Waldberg/Kreuzanger oder Maßnahmen für den Katastrophenschutz
  • kein Geld für Klimaschutzmaßnahmen, um die festgeschriebenen Klimaziele zu erreichen

Für alle diese Maßnahmen sind sowohl im laufenden Haushalt, als auch im Finanzplanungszeitraum bis 2026 keine Mittel mehr eingeplant!

Die Frage, die wir in Stadtrat und Verwaltung zu beantworten haben lautet:

  • welche dieser angestrebten Investitionen sind überhaupt noch und falls ja, wann und wie umsetzbar?

Mit dem eingeplanten Schuldenanstieg verpflichtet sich die Stadt Bobingen, zukünftig Zins- und Tilgungsleistungen zu erbringen, die durch Zuführungen des Verwaltungshaushalts nur noch bedingt zu bedienen sein werden.

Die Erkenntnis daraus lautet:

  • wir plündern auf sehr lange Zeit, in sehr großem Stil, die Spardosen unserer Kinder und Enkelkinder in dem wir uns weiterhin nahezu ungebremst in die Verschuldung stürzen, ohne für eine Erhöhung der Einnahmen zu sorgen.

Erschwerend kommt hinzu, dass von Bund und Land auferlegte Pflichtaufgaben erfüllt werden müssen, egal wie die Haushaltslage aussieht. Dazu gehören Investitionen in die Ganztages-betreuung für Grundschulkinder, die etappenweise ab 2026 umgesetzt werden muss.

Mit jeder neuen Kindertagesstätte, die durch die Stadt Bobingen in Betrieb genommen wird, steigt auch der Eigenanteil der Defizitvereinbarungen. So kann nach Inbetriebnahme der aktuell in Bau befindlichen und neu geplanten Kindertageseinrichtungen mit zusätzlichen jährlichen Kostensteigerungen von rund 1 Mio € kalkuliert werden.

Durch den notwendig werdenden Ausbau der Versorgung im städtischen Stromnetz wird ab 2024 auch mit einem Wegfall der jährlichen Dividendenzahlungen, durch die EVB GmbH & Co. KG, in Höhe von 100 T€ zu rechnen sein.

Zeitgleich schmelzen die Rücklagen innerhalb eines Jahres um über 2 Mio € ab.

In Summe ist somit mit einem Rückgang der Einnahmen sowie einer Zunahme der Ausgaben von dauerhaft jährlich rund 1,5 Mio € zu kalkulieren.

Von politischer Führung wird in diesen herausfordernden Zeiten erwartet, nachvoll-ziehbare Lösungsansätze zu unterbreiten. Der vorgestellte Haushaltsplan des städtischen Haushalts lässt aus Sicht der FBU-Fraktion dies jedoch auf nahezu ganzer Linie vermissen.

Wir erkennen an, dass durchaus gewissenhaft und verantwortungsbewusst nach sinnvollen Möglichkeiten der Ausgabenminimierung gesucht wurde – und dies fraktionsübergreifend.

Den Mut, unserer Bevölkerung jedoch die ganze Wahrheit zu sagen, der wird mit diesem Haushaltsplan nicht aufgebracht, getreu dem eingangs beschriebenen Motto: „erst mal schieben und streichen – irgendwie müssen wir ja durchkommen“.

Die FBU-Fraktion steht immer für größtmögliche Transparenz und umfassende Information. Und um einem späteren Vorwurf zu begegnen, die Öffentlichkeit hätte davon nichts, zu spät oder zu wenig erfahren, möchten wir heute Punkte ansprechen, die für Manchen überraschend und schmerzhaft sein werden:

Wir stellen fest, dass sich Stadtrat und Verwaltung schlichtweg vor der Beantwortung folgender Fragen drückt:

  • was wird in den kommenden fünf bis zehn Jahren von entscheidender Bedeutung für unsere Stadt und unsere Stadtteile sein, bei der Priorisierung der vor uns liegenden Aufgaben?
  • welche Investitionen müssen konsequenterweise komplett und am sinnvollsten sofort gestrichen werden, um die knapp verfügbaren Mittel zielführend einsetzen zu können?

Und noch schwieriger:

  • welche jahrelang als selbstverständlich und angenehm empfundenen freiwilligen Leistungen sind wir gezwungen, teilweise zu reduzieren oder dauerhaft ganz  zu streichen?

Alle bisher zuschussfinanzierten Angebote fortlaufend aufrecht zu erhalten, ist nicht mehr haltbar! Dazu klafft die Lücke zwischen Einnahmen und Ausgaben zu stark auseinander! Eine Entscheidung über die Fortführung muss in jedem Einzelfall gesondert geprüft werden!

Die erwähnten, schwindelerregenden Prognosen haben selbstverständlich unterschiedliche Ursachen.

Da steht auf der einen Seite die Zunahme der Belastungen durch Verteuerungen der Energie, ebenso Steigerungen in den Lohn- und Gehaltsgruppen, um die steigende Inflation einigermaßen ausgleichen zu können.

Dazu kommen die bereits erwähnten Pflichtaufgaben, die Kommunen vor immer neue Herausforderungen stellen. Diese Faktoren sind kaum bis gar nicht durch städtische Handlungsweisen zu beeinflussen, sie müssen erledigt werden.

Auf der anderen Seite stehen jedoch auch jahrelange Fehlsteuerungen innerhalb unserer Stadt, auf die wir seitens unserer Fraktion schon seit über zehn Jahren immer wieder hinweisen.

So hinken die Einnahmen aus der Gewerbesteuer seit sehr langer Zeit um rund 30 % hinter den Einnahmen anderer Gemeinden im Landkreis Augsburg hinterher!

Eine Konsequenz aus jahrzehntelang unterlassenen Bemühungen, durch Förderung von Gewerbeansiedlungen sowohl zusätzliche Arbeitsplätze, als auch deutlich höhere Einnahmen zu generieren. Berechnungen belegen, dass Bobingen im Zeitraum einer Legislaturperiode von sechs Jahren rund 20 Mio € in diesem Sektor fehlen!

Und das ist noch nicht die ganze Wahrheit. Wenn diese Mittel nicht erwirtschaftet werden, sondern Fremdfinanzierungen dafür notwendig werden, so entsteht für 20 Mio € Investitionskapital, bei derzeitiger Zinslage, ein Gesamt-Kapitaldienst für Zins und Tilgung in Höhe von 33 Mio €.

Ein Beleg dafür, dass die Erhöhung der Einnahmen von elementarer Wichtigkeit ist.

Wir sind überzeugt, dass es allerhöchste Zeit wird, die hervorragenden Standortfaktoren unserer Stadt – am Speckgürtel von Augsburg – endlich gewinnbringend zu nutzen!

Welche Maßnahmen sollen aus Sicht der FBU-Fraktion deshalb sofort ergriffen werden?

  1. Die eben genannte Erhöhung der Gewerbesteuereinnahmen durch umgehende Bereitstellung von Gewerbegrund aus städtischer Hand ermöglichen. Hier ist aus unserer Sicht die städtische Grundstücks- und Wohnungsbau GmbH sofort gefordert!
  2. Alle verfügbaren Fördermöglichkeiten ausschöpfen und nicht nur die, welche zu laufenden Maßnahmen im Handlungsbereich der Stadt liegen. Besonders Fördermittel, die für Zukunftsinvestitionen der Energiewende und des Klimaschutzes nur über einen befristeten Zeitraum abrufbar sind, müssen in diesem Zeitfenster auch beantragt werden. Ebenso sind Fördertöpfe zu nutzen, solange die Förderquoten besonders hoch im Bereich von 50 – 70 oder gar 90 % liegen! Hier steht die FBU-Fraktion diametral zur Ansicht des Ersten Bürgermeisters, der für die Aufgabe der Fördermittelakquise keine personellen Ressourcen verfügbar halten kann. Im konkreten Beispiel sehen wir einen folgenschweren Fehler, auf eine 50-%-Förderung für die Umrüstung der Straßenbeleuchtung auf LED zu verzichten. Hier steht ein Betrag von über 300 T€ nicht abgerufener Fördermittel zu Buche.
  3. Die seit Monaten steigenden Darlehenszinsen müssen auch über alternative Finanzierungsformen reduziert werden. Die FBU hat deshalb angeregt, das benötigte Fremdkapital teilweise über Kommunalbausparverträge mit deutlich niedrigeren Darlehenszinssätzen zu beschaffen. Im Bereich einer Darlehensaufnahme von 20 Mio € können so über die gesamte Laufzeit Einsparungen in der Größenordnung von rund 6 Mio € erzielt werden! Zur Anzahlung eines solchen Kommunalbausparvertrages wäre es jedoch sinnvoll, auf Rücklagen zurückzugreifen und somit einen Mehrwert zu generieren, anstatt diese für reine Finanzierungsaufgaben einzusetzen.
  4. Wir regen weiters an, in Absprache mit der Kommunalaufsicht, freiwillig für einen zu verinbarenden Zeitraum der kommenden Jahre, an einem Haushaltssicherungs-programm teilzunehmen und damit die Einstufung zur „finanzschwachen Kommune“ zu erhalten. Dadurch besteht Anspruch auf die Teilnahme an einem landesrechtlichen Hilfs- und Haushaltssicherungsprogramm. Vorteil der Einstufung ist, dass finanzschwache Kommunen in sehr vielen Fällen die erhöhten Quoten von 90 bis 100 % Förderung erhalten können.
  5. Umgehende Umsetzung der seit Monaten diskutierten Energie-Gesellschaft Bobingen in Zusammenarbeit mit dem strategischen Partner, der energieschwaben, innerhalb der EVB.
  6. Sofortige Aufnahme der Arbeiten zur Umsetzung vor uns liegender Aufgaben in den Bereichen Energiewende und Klimaschutz. Aktuell von der Bayerischen Staatsregierung bis 2040 bereitgestellte Mittel in Höhe von 22 Mrd. € müssen genutzt werden, um die festgesetzten Ziele zu erreichen. Zeitverzögerungen sind nicht mehr hinnehmbar.
  7. Weitere Maßnahmen zur Verbesserung der Haushaltslage wurden von unserer Fraktion in den zurückliegenden Monaten mehrfach vorgeschlagen. Diese wollen wir an dieser Stelle nicht nochmals aufführen, diese sind nachzulesen auf der Homepage der FBU Bobingen (Friedhofsbewirtschaftung, Machbarkeitsstudie zur kommunalen Wärmeplanung, Verkauf Wohnanlage an der Krumbacher Straße, Synergien bei Stromleitungsverlegung mit Glasfaser, etc.).

In Verantwortung für unsere nachfolgenden Generationen sehen wir es als unsere wichtigste Aufgabe, nachhaltige Entscheidungen zu treffen, ungeachtet, ob diese von allen nachvollzogen werden können.

Da wir dies in der vorgelegten Haushaltssatzung nicht ausreichend berücksichtigt sehen, verweigert die FBU-Fraktion ihre Zustimmung zum Kernhaushaltes der Stadt Bobingen.

Unsere Fraktion stimmt der Haushaltssatzung der Josef-Dilger-Stiftung zu, ebenso könnten wir dem Wirtschaftsplan der Stadtwerke Bobingen zustimmen.

Gestatten Sie mir abschließend namens unserer Fraktion noch ein Wort des Dankes. Dieser gilt Herrn Thiele und seinem gesamten Team, das in schwieriger Zeit mit großen Herausforderungen bestmöglich das Zahlenmaterial aufbereitet und unsere Fragen beantwortet hat.

Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

Franz Handschuh
(FBU – Fraktionsvorsitzender)
und
Florian Vogl
(FBU – Stellv. Fraktionsvorsitzender)

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